Gefahren: 147 km (24243km)
So unterschiedlich können Reiseerlebnisse aussehen. Viel Spass beim Lesen von unseren getrennt geschriebenen Texten!
MB:
Am Morgen genossen wir noch einmal das wundervolle Naturbad bevor es dann weiterging in Richtung Mansfield. Den ersten wichtigen Abzweiger verpassten wir und fuhren so weit falsch, dass wir beinahe wieder auf dem Highway mit direktem Weg nach Mansfield standen. Völlig enttäuscht darüber heute keine weitere 4WD-Strecke zu fahren gab ich bei der gemeinsamen Lagebesprechung meinen Senf dazu und so entschieden wir zu meinem Glück umzudrehen, nochmals diese 20 Minuten zurück zufahren, um den richtigen Abzweiger zu erwischen. Während dem Warten bis eine Rinderherde unser Auto passierte fanden wir auf der Karte einen Pfad welcher eine Abkürzung war. So entschied Eva kurzerhand diesen Weg einzuschlagen. So standen wir voller Freude wieder auf der Holperpiste mit steilen Anstiegen. Doch leider konnten wir an der ersten Abzweigung den zu fahrenden Weg nicht weiter auf uns nehmen, da die Strasse schlicht geschlossen war. So gab es eine weitere Planänderung und der erste sehr, sehr steile Abstieg stand bevor. Obwohl es kein Problem war machten wir unten angekommen eine Verschnaufpause um uns auszutauschen wie steil und toll es war. Weitere Anstiege folgten und ich bemerkte schon das Eva etwas ruhiger wurde, doch nach den letzten Tagen war dies für mich kein Anzeichen… Es ging sehr steil runter mit immer wieder kurzen horizontal verlaufenden Zwischenboden um durchatmen zu können, tip top! Oli verschwand mit seinem Fahrzeug immer wieder sehr schnell nach unten weg, so dass wir ihn nicht mehr sehen konnten und ich hatte meine Freude an dieser neuen Herausforderung. Bis wir an DER STELLE angelangt waren. Ich hielt an, stieg aus (da man durch die Windschutzscheibe nur den blauen Himmel bewundern konnte), studierte den kommenden Weg und fand einfach keine gute Lösung um diese hohen und teilweise spitzigen Steine umfahren zu können. Dank unserem Funkgerät wollte ich Oli um Rat fragen wie er dies gefahren war, doch seine Antwort er habe einfach die Augen zugemacht (und dies mit etwas wackliger Stimme) half mir nicht weiter. Eva wollte mit den Kindern aussteigen, doch ich dachte dies sei etwas übertrieben, denn die Bodenfreiheit würde dadurch nicht immens höher und die Steine wären immer noch zu hoch. So wählte ich den besten Weg und wie geahnt standen wir mit unserem Bodenschutz mehrmals an. Aber deshalb heisst es ja Bodenschutz und so war auch dieses Hindernis schnell bewältigt. Unten angekommen sah Oli etwas mitgenommen aus. Wir stiegen aus um uns auszutauschen wir abnormal und definitiv genügend heikel es war. Wir stiegen wieder in unsere Autos und da bemerkte ich schlagartig Evas Energiefluss. Sie sagte nur: „Da isch jetzt definitiv zviel gsi“ so ruhig und ernst wie ich Eva glaube ich noch nie reden hörte!!! Jetzt merkte ich noch viel mehr: Erstens: Eva wollte nicht wegen der Bodenfreiheit oder den zu machenden Fotos aussteigen sondern aus Angst. Zweitens: die Kinder und ich waren die einzigen denen diese Fahrt (Schlittenfahrt) Spass gemacht hatte. Aus Rücksicht versprühte ich nun nicht mehr so viel Freude und mir war es nun auch egal bald das 4WD-Fahren hinter uns zu lassen (natürlich temporär gesehen). Der Weg legte uns jedoch noch einige Hindernisse in den Weg. Umgefallene kleine Baumstämme mussten von Hand aus dem Weg geräumt werden und die Übereinstimmigkeit zwischen Navi und Strassenführung war mehrmals falsch. Immer wieder sagte ich es komme schon gut und so war es dann auch. Um die Mittagszeit erreichten wir ein Buschcamp, welches anschliessend mit gutem Strassenzustand zum Highway führte. Doch zuerst galt es noch einen Fluss zu überqueren. Oli mit seinem zur zeitigen Tunnelblick liess nicht langes Warten zu. Mit Schwung fuhr er durchs kniehohe Wasser und gleich die erste, steile Böschung hoch. Der Ranger sah mit offenem Mund und dem Wasserschlauch in der Hand (er war gerade die neu gesetzten Pflänzchen zwischen Olis Auto und ihm am bewässern) zu. Oli stieg aus und erhielt eine kleine Standpauke, ob er eigentlich nicht sehe, dass hier kein Weg durchführe. Völlig perplex nach diesem Morgen konnte Oli dies nur verneinen. Er sei schliesslich gerade durch die Hölle gefahren und dies sah für ihn wie ein Weg aus! Wir wollten eigentlich auch gerade losfahren als Oli uns die richtige Wegführung über den Fluss zurief. So erreichten wir das Camp und machten erstmals Rast. Nach einem kalten Mittagessen ging es uns schon wieder besser und die Fahrzeuge haben sich auch etwas abgekühlt. Die Weiterfahrt war nun ein Spaziergang und überglücklich erreichten wir den Zeltplatz in Mansfield. Mit feinem Essen und eins, zwei Bier liessen wir diesen mit Spannung geladenen Tag nochmals Revue passieren und fielen oftmals in schallendes Gelächter aus!!! Einmal mehr schrieben wir an diesem Tag Geschichte…
EB:
Der Tag begann ruhig und friedlich. Keine Anzeichen davon, dass wir noch mit Adrenalin vollgepumpt werden… Wir genossen das schöne Plätzchen nochmals mit einem Bad im Fluss und überliessen den Insekten ihr Reich wieder. Unsere kurvenreiche Fahrt wollte uns bereits aus dem Gebirge führen. Wir hätten uns leiten lassen sollen und mit den bisherigen 4WD Strecken zufrieden sein. Aber nein, wir wollten natürlich noch mehr Abenteuer und einstimmig drehten wir um, um den verpassten Abzweiger zu suchen. Kurz nachdem uns eine Kuhherde entgegenkam, entdeckte ich einen weiteren Track. Da ich auf der Karte sah, dass diese Strasse in unseren gewünschten Track hineinführt, schlug ich vor, bereits diesen Abzweiger zu nehmen. Ich sass am Steuer und hatte meinen Spass an der steilen Auf- und Abwärtspiste. Ich wusste, dass Martin auch gerne fahren würde, da der heutige Weg noch etwas krasser war, als die bisher gefahrenen Wege. Jeder Tag im Victoria High Country steigerte sich etwas. Dass heute bereits die Pointe kam, darauf war ich allerdings nicht gefasst. Anyway, so überliess ich nach einigen Kilometern meinem Mann das Steuer und war kurze Zeit später auch schon Gotten froh darüber. Der geplante Track war geschlossen und so hatten wir nur einen Weg, der uns weiterführte. Die Strasse, die diese Bezeichnung eigentlich nicht mehr verdiente, zeigte uns immer grössere Felsbrocken und immer steilere Abhänge. Plötzlich standen wir vor einem Abgrund, der beinahe senkrecht hinunter ging. Oli war nicht mehr zu sehen und Martin fragte zögerlich durch den Funk: „Bist du bei den ganz spitzigen Steinen eher links oder eher rechts durchgefahren?“ Olis Antwort kam prompt: „Keine Ahnung, ich habe die Augen zugemacht!!!“ Nicht dass mich diese Worte beruhigen hätten können, dennoch war ich froh, überhaupt ein Lebenszeichen von ihm zu hören. Irgendwie kam er also runter. Ich sagte noch zu Martin: „Ich steig aus mit den Kindern!“ und da waren wir bereits über die erste Kuppe. Damit Zoé und Cédric nicht mitbekamen, was für eine höllische Angst ich gerade ausstand, fing ich an mit ihnen Kinderlieder zu singen… Sie Zwei waren weit weg von jeglichen Angsterscheinungen und riefen erfreut: „Jetzt muss Charly nicht mehr wandern, jetzt können wir mit ihm schlitteln!“ Die Aufschläge von Charly waren mir egal, ich wollte nur noch, dass wir alle heil hier raus kamen. Oli erwartete uns unten am Hang voller Adrenalin und weichen Knien. Ans Mittagessen war nicht zu denken, niemand von uns hätte auch nur einen Bissen runtergekriegt. Sogar Martin meinte: „So nun habe auch ich genug vom Four Wheel Drive!“ Wenigsten dies! Das Problem war nur, dass wir noch weit weg von einer normalen Strasse entfernt waren. Wir wussten nicht genau, wo wir waren, wie lange der Track noch war und vor allem in welchem Zustand er uns präsentierte. Umkehren war unmöglich und so stellten wir uns den weiteren Herausforderungen, wie zum Beispiel felsige Treppentritte im Aufwärtshang. Charly und seine Freundin Emma betrachtete ich als zwei Zaubermaschinen. Nie hätte ich geglaubt, dass diese Autos solche Passagen bewältigen können. Endlich kam eine normale Gravel-Road in Sichtweite und somit nahende Rettung. Nur noch ein Fluss trennte uns von einem Campground, der 2WD Zugang bot. Oli, wohl immer noch etwas im Adrenalinflash, fuhr geradeaus durch den Fluss und ein kleines, steiles Bort hinauf zum Parkplatz, bei dem der Ranger gerade ein paar Pflänzchen begoss. Der dachte wohl, er sähe nicht richtig und kam aufgeregt auf Oli zu: „Bloody Boy! That’s not a track!! Can’t you see this???“ Oli meinte ernüchternd: „Nein. Er komme gerade vom Berg herunter, sei durch die Hölle gegangen und könne beim besten Willen nicht sehen, dass dies nicht mehr der Track sein soll…“ Auch wir wären wohl Olis Weg gefahren, denn erst jetzt bemerkten wir, dass der Fluss schräg links hinüber weniger tief war und sich dort vor allem eine breite Strasse hinauf auf den Parkplatz anerbot. Wir wählten dann diese Variante. Obwohl sich mein Magen noch völlig verdreht anfühlte, zwangen wir uns hier einen Mittagsrast zu machen und etwas Kleines zu essen. Die Pläne über Jamieson mit 4WD Tracks zurück nach Melbourne zu fahren sind weit zum Fenster hinausgefallen. Schnurstracks machten wir uns auf zu den geteerten Strassen nach Mansfield. Dort liessen wir uns völlig erschöpft auf dem Campingplatz nieder und stiessen auf unseren zweiten Geburtstag an. Nie wieder wollen wir über diese Grenzerfahrung schreiten. Auch für Charly und Tante Emma war es wohl etwas zu viel. Während Emma anfing zu weinen und grosse Öltropfen unter ihr hervorquollen, suchte Charly das Gespräch mit Crocodile Dundee. Mit seinen schweren Türen quetschte er ein Finger von Martin und wollte damit wahrscheinlich sagen: „Es tat weh, aber war schon okay.“